Nachhaltigkeits-Feature: Unverpackt²

Verpackungsmüll stellt nach wie vor ein großes Umweltproblem dar. Aber Mannheims unverpackt Läden wissen Abhilfe. Die Bewohner*innen der Schwetzingerstadt und des Lindenhofs können sich jeweils über einen eigenen Laden freuen: Grünkern auf dem Lindenhof und Priska‘s Unverpacktladen (früher eddie‘s unverpackt) in der Schwetzingerstadt.

Ich habe beide Läden besucht und das Sortiment getestet.

Grünkern

© Franziska Schweiger

Grünkern gibt es seit August 2021 und wird von Bianca und Darlene betrieben. Die primären Ziele sind Müllvermeidung und Nachhaltigkeit. Es werden zudem nur vegane Produkte angeboten – ein Statement gegen Massentierhaltung und daraus resultierendem Tierleid.

Doch was bedeutet Nachhaltigkeit für die beiden? In erster Linie ein bewusster Umgang mit der Umwelt, den Mitmenschen und auch mit sich selbst. Nachhaltigkeit ist daher als ganzheitliches Konzept zu verstehen.

© Franziska Schweiger

Der Laden soll eine Plattform für die Herzensthemen sein. Es geht nicht darum, mit erhobenem Zeigefinger zu mehr Umweltbewusstsein aufzurufen, sondern Umwelt und Tiere zu respektieren, ebenso die Mitmenschen, und Raum zum Lernen zu geben. Bianca und Darlene interessieren sich ehrlich für ihre Mitmenschen und sind am Austausch interessiert, beispielsweise, wie andere Menschen Nachhaltigkeit interpretieren oder wie sie kochen.

Wichtig ist: man kann nichts falsch machen. Es ist völlig ok, wenn den Einkauf nicht komplett plastikfrei machen kann (was ohnehin kaum möglich ist).

© Franziska Schweiger

Der Bioeinkauf ist zudem etwas aufwendiger. Das „reguläre“ Einkaufen ist Gewohnheitssache; man huscht schnell in den Supermarkt, hat meistens nicht viel Zeit, packt seine Sachen in den Einkaufswagen und düst nach Hause.

Der Einkauf im Bioladen ist zeitintensiver und wird vorbereitet; man richtet die Gläser, kalkuliert die Menge und agiert so automatisch achtsamer.

Lerne von der Geschwindigkeit der Natur: ihr Geheimnis ist Geduld.
— Ralph Waldo Emerson

© Franziska Schweiger

Wie kaufe ich nun ressourcenschonend ein? Das System ist recht einfach. Man bringt einfach leere Behältnisse (z.B. aus Glas oder Edelstahl) mit und wiegt diese zunächst im Laden. Das Gewicht wird notiert und später vom Gesamtgewicht abgezogen, sodass wirklich nur der Inhalt bezahlt wird. Anschließend kann man die gewünschten Produkte abfüllen.

Die Lebensmittel befinden sich in Spendern, Gläsern und Dosen. Es gibt Trockenprodukte wie Hülsenfrüchte, Nüsse, Nudeln, Saaten, Kaffee, und Reis. Außerdem noch ein breites Angebot an Süßwaren, Gewürzen und Öle. Im non-food Bereich gibt es außerdem verschiedene Drogerieprodukte.

© Franziska Schweiger

Die Bedienung ist ganz einfach: Behältnis drunter halten und die gewünschte Menge abzapfen. Wer kein gutes Mengengefühl hat (so wie ich ;-)), der kann auch immer wieder zwischen wiegen. Mit der Zeit bekommt man aber ein Gefühl dafür.

© Franziska Schweiger

Was mag denn die Kundschaft am liebsten? Die Lindenhöfer scheinen ziemliche Schleckermäulchen zu sein, denn die Leckereien-Insel in der Mitte des Ladens ist sehr beliebt. Die Auswahl ist aber auch sehr einladend: Schokolinsen und –erdnüsse, Kekse, Lakritze, vegane Fruchtgummis und Schokolade sowie Chips. Hier gibt es alles, was das Herz begehrt.

© Franziska Schweiger

Mischen erlaubt: alle Fruchtgummis dürfen zusammen in ein Glas – es gibt u.a. Veggie Hearts, gelatinefreie Gummibärchen, Lakritze, Marshmallows, vegane Colaflaschen, Fruttinis und mehr.

Denk daran, es heißt „mindestens haltbar bis“ und nicht „sofort tödlich ab”.
— Unbekannt

© Franziska Schweiger

Damit es hygienisch zugeht, gibt es zum Dosieren der festen Produkte (z.B. Süßwaren, Datteln, etc.) Zangen und Löffel. Benutzte Gegenstände kommen anschließend auf eine Ablage oder in ein Behältnis für benutztes Besteck.

© Franziska Schweiger

Hier wird nichts unnötig verschwendet oder weggeworfen. Der Rest einer Charge wird abgezapft und steht quasi abholbereit am Eingang. Ideal für eilige Kund*innen.

Die Vernunft beginnt bereits in der Küche.
— Friedrich Nietzsche

© Franziska Schweiger

In der non-food Ecke, die etwa 40% des Sortiments ausmacht, gibt es ebenfalls ein große Auswahl: Reinigungsmittel, Körperpflegeartikel wie festes Shampoo, Seifen, Bambuszahnbürsten, Lippenpflege, außerdem Trinkflaschen, Aufbewahrungsboxen, Bürsten, etc.

Die Produkte sind mehrheitlich im Glas erhältlich, auf welches es bei Rückgabe einen Pfand gibt.

© Franziska Schweiger

Und wie schafft man eine Umstellung auf einen umweltbewussteren Einkauf, wenn man sich mit dem Thema noch nicht befasst hat? „Such dir einen Bereich aus, in dem du etwas ändern willst, fang z.B. mit einer Bambuszahnbürste an“, so Bianca. „Es geht nicht perfekt, aber man kann was machen.“

© Franziska Schweiger

Empfehlung: Ein guter Milchersatz ist das Haferdrinkpulver. Das Pulver einfach mit Wasser mischen (bspw. 10g mit 100ml) und ins Müsli oder den Kaffee geben oder einfach pur trinken. Positiv überrascht war ich außerdem vom Sonnenblumenhack, das man bei einer Spaghetti Bolognese gut als Fleischersatz verwenden kann.

PS: Jeden Dienstag bekommen Studis, Azubis und Schüler*innen 10% Rabatt auf Lebensmittel :-).

Priska’s Unverpacktladen

© Franziska Schweiger

Priska’s Unverpacktladen kennen vermutlich noch viele unter dem Vorgängernamen eddie‘s unverpackt, einer der ersten Unverpacktläden der Region. Er wurde 2010 von Eduard und Tatjana mit dem Ziel gegründet, den Einkauf so verpackungsfrei wie möglich zu gestalten. Das funktioniert hauptsächlich durch Pfand und Großgebinde, die dann in Behälter abgefüllt werden und so die Verpackung gespart wird.

Das Konzept ist stark im Kommen, aktuell gibt es etwa 400 Mitglieder im unverpackt Verband.

© Franziska Schweiger

Im Juni 2021 hat Priska den Laden übernommen. Sie hat sich schon davor privat viel mit Müllvermeidung beschäftigt, z.B. über die plastic free July challenge.

© Franziska Schweiger

Im Laden gibt es bereits am Eingang eine schöne Auswahl an frischem Obst und Gemüse. Es gibt auch Molkerei-Produkte, der Laden ist nicht komplett vegan. Die Produkte sind meistens in Bio-Qualität, wobei manchmal die Regionalität der Bio-Qualität vorgezogen wird, wie z.B. Quinoa aus dem Odenwald.

Wenn an vielen kleinen Orten viele kleine Menschen viele kleine Dinge tun, wird sich das Angesicht unserer Erde verändern.
— Afrikanisches Sprichwort

© Franziska Schweiger

Es gibt zudem eine kleine Bäckerei-Ecke, in der Brot aus Tan‘s Brotboutique vom Lindenhof verkauft wird. Außerdem gibt es leckeren Kaffee von der Rösterei AGATA. Mit Kaffee kennt sich Priska ebenfalls gut aus, die Rösterei wird von ihrem Bruder inklusive Schwägerin betrieben und sie hat dort selbst einige Zeit gearbeitet.

© Franziska Schweiger

Und warum in der Schwetzingervorstadt? Viele Menschen in dem Stadtteil können sich den Einkauf leisten, bzw. ist es eine Mischung aus Bewusstsein für Nachhaltigkeit und dem Einkommen. Die Preise sind etwa vergleichbar mit Alnatura oder dem denn‘s Biomarkt und spricht das gleiche Klientel an.

Zudem setzen sich immer mehr Menschen mit dem Thema auseinander, siehe Friday‘s for Future. Die Kundschaft kommt aus verschiedenen Stadtteilen, manche auch aus Ludwigshafen. Ein Vorteil ist auch die zentrale Lage der Schwetzingervorstadt.

© Franziska Schweiger

Die Verkaufsschlager bei den Lebensmitteln sind Haferflocken und Nudeln.

Umweltschutz ist eine Chance und keine Last, die wir tragen müssen.
— Helmut Sihler

© Franziska Schweiger

Was schätzen die Kund*innen am meisten an dem Laden? Viele interessieren sich für die Herkunft der Produkte und freuen sich über fair trade. Manche wissen nicht, dass die Behälter mitbringen müssen, aber dafür gibt es im Laden Spendengläser, bei denen man sich kostenlos bedienen kann.

Man lernt zudem, Lebensmittel wertzuschätzen. Pinienkerne und Vanillezucker sind beispielsweise recht teure Produkte und im Supermarkt in kleinen Mengen erhältlich. Durch das eigene Abfüllen (meist größerer Mengen) lernt man, den Wert der Ware besser einzuschätzen und entwickelt ein Bewusstsein für Lebensmittel.

© Franziska Schweiger

Priska hat auch einige Tipps, wie man Nachhaltigkeit in den Alltag integrieren kann:

  1. Klein anfangen. Man muss nicht alles perfekt machen, denn zero waste funktioniert nicht. Aber jeder Schritt ist einer in die richtige Richtung.

  2. Eine Basis schaffen (z.B. Grundnahrungsmittel wie Nudeln und Mehl im Glas) oder im Bad das Flüssigshampoo durch Haarseife oder festes Shampoo ersetzen.

  3. Mit Leuten austauschen. Sich Leute suchen, die das gleiche Mindset haben. Man kann neue Rezepte probieren und austauschen.

© Franziska Schweiger

Wir haben die Natur von unseren Eltern geerbt. Wir haben sie aber auch von unseren Kindern geliehen. Umweltschutz ist Nachweltschutz.
— Richard von Weizsäcker

© Franziska Schweiger

Süßes gibt’s hier natürlich auch, z.B. leckere Bruchschokolade. Diese ist in der Produktion etwas ramponiert worden, aber das tut dem Geschmack ja keinen Abbruch. Wozu also wegwerfen?

© Franziska Schweiger

Auch im non-Food Bereich gibt es viel zu entdecken. Ein interessanter Zahnpastaersatz sind Zahnputztabletten mit oder ohne Fluorid. Man zerbeisst einfach die Tablette, bis sie schäumt und putzt dann ganz normal die Zähne.

© Franziska Schweiger

Es gibt zudem eine große Auswahl an umweltbewussten Reinigungsmitteln. Diese ermöglichen einen Haushalt ohne (oder so wenig wie möglich) Chemie.

Alles, was gegen die Natur ist, hat auf Dauer keinen Bestand.
— Charles Darwin

Empfehlung: Die Fruchtgummis ohne Gelatine sind sehr lecker, sie haben einen ganz anderen Geschmack (nicht so künstlich). Ich hab auch die waschbaren Reinigungspads ausprobiert, die sich super zur Make-up Entfernung und Gesichtsreinigung eignen. Nach Benutzung einfach in ein Wäschenetz und anschließend mit der 60-Grad-Wäsche in die Waschmaschine geben.

Fazit

Beide Läden leben von ihrer gemütlichen, einladenden und wertschätzenden Atmosphäre. Die Lebensmittel haben einen hohen Stellenwert. Das Sortiment ist gut durchdacht und bietet im Prinzip alles, was ein Supermarkt auch hat. Die Produkte werden oftmals vorab selbst getestet und auch die Lieferanten sind ausgewählt. Man merkt, dass sich die Läden viele Gedanken machen und Wert auf Qualität legen. Man kann sich jederzeit melden, wenn man eine Frage zum Sortiment hat, die Damen freuen sich immer über einen Austausch.

Man kauft viel bewusster ein, wirft nicht einfach eine Packung mit Lebensmitteln in den Einkaufswagen, sondern kann selbst entscheiden, wie viel man braucht und kann auch erstmal eine geringere Menge ausprobieren.

Bezüglich der Hygiene muss man sich keine Sorgen machen: bereits abgezapfte Produkte werden nicht zurück geschüttet und es werden Zangen und Löffel benutzt, die nach der Nutzung ausgetauscht werden.

Verschafft euch gerne einen eigenen Eindruck; ich kann beide Läden wärmstens empfehlen.

Grünkern
Meerfeldstraße 24 | 68163 Mannheim
Tel.: 0621 484 954 29
E-Mail: hallo[at]grünkern-unverpackt.de

Website: https://www.gruenkern-unverpackt.de/

Instagram: gruenkern.unverpackt

Priska’s Unverpacktladen
Seckenheimer Landstr. 21 | 68165 Mannheim
Tel.: 0621/43718844
E-Mail: info[at]unverpackt-mannheim.de

Website: https://www.eddies-mannheim.de

Instagram: priskas.unverpacktladen

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